Wanne-Eickel Hauptbahnhof

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Wanne-Eickel HBF
Wanne-Eickel Hbf.jpg
Bildinfo: Wanne-Eickel Hbf und Vorplatz vor der letzten Umgestaltung
Auch bekannt als: Herne-Wanne HBF
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Letzte Änderung: 30.03.2024
Geändert von: Andreas Janik
Wanne-Eickel Hauptbahnhof, 2001

Der 1856 abgeteufte Schacht Pluto erhielt 1861 einen direkten Gleisanschluss zum Bahnhof Herne. Gleichzeitig wurde ein kleiner Übergabebahnhof, der „Pluto-Bahnhof“, gebaut. Der Neubau mit dem Namen „Wanne“ wurde am 15. Juni 1867 zunächst nur für den Güterverkehr eröffnet.

Wie er zu seinem Namen gekommen war

"Authentisches über die Entstehung des Bahnhofnamens „Wanne“.
In einem jüngsten interessanten Vortrage des Pfarrers Beckmann „Aus der Geschichte der alten Höfe des Stadtbezirks Wanne=Eickel" erzählte der Referent eine nach seiner Angabe durchaus glaubwürdige Begebenheit, die endlich dem Rätselraten ein Ende und einen zuverlässigen Ausschluss über die wahre Entstehung des Bahnhofnamens „Wanne“ geben sollte. Ende der 60er Jahre beschloss bekanntlich die Eisenbahndirektion in dieser Gegend die Anlage eines Bahnhofes. nachdem schon einige Jahre vorher die Zeche „Pluto“ gleich nach ihrer Betriebseröffnung einen kleinen Güterbahnhof angelegt hatte, der „Pluto Bahnhof“ genannt wurde. Über die passende Benennung des neuen Bahnhofes, der am 10. Juli 1872 für den Personenverkehr und schon etwas vorher für den Güterverkehr in Betrieb genommen wurde, konnte angeblich unter den beteiligten Gemeinden Bickern und Eickel keine gütliche Einigung zustande kommen. Eickel betrachtete sich als privilegiert, weil zwei Drittel des Bahnhofsgeländes in seinem Gebiete lägen. Schließlich ordnete die Eisenbahndirektion zur Regelung dieser Frage einen Lokaltermin an. Als auch die hierbei gemachten Vorschläge keine genügende Unterstützung fanden, stieß der für die Eisenbahn anwesende Regierungsrat unvermittelt mit seinem Stock auf den Erdboden, wobei er die Frage stellte: „Wie heißt das hier?“ Auf die Antwort: „In der Wanne" erwiderte der Regierungsrat dann kurzerhand: „Dann nennen wir den Bahnhof „Wanne“. „Diesen Verlauf des Termins“ fügte Pfarrer Beckmann hinzu, „hat mir ein an der Besprechung teilgenommener angesehener Eickeler Bürger erzählt, der inzwischen verstorbene Bierbrauereibesitzer Hülsmann, der Großvater des jetzt tätigen jungen Hülsmann, und mir zu seinen Lebzeiten verschiedene Male mit Bedauern geklagt, dass er der allein Schuldige an der damaligen Benachteiligung der Gemeinde Eickel in dieser Beziehung gewesen sei."
[1]

Der alte Bahnhof Wanne

Am 10. Juli 1872 folgte die Einweihung des Personenbahnhofs. Dieser fast schmucklose Holzbau mit eineinhalbgeschossigem Haupthaus als Empfangshalle war in Fachwerktechnik errichtet. Der reine Zweckbau entstand aufgrund der Notwendigkeit der regionalen Erweiterung der Köln-Mindener Eisenbahn, welche die Verbindung des Ruhrgebiets zu den Nordseehäfen Bremen und Hamburg schuf. Mit dieser Nordstrecke wurde Wanne zum Knotenpunkt, der besonders für den Umschlag von Gütern und den Rangierbetrieb wichtig wurde. In den Anfangsjahren waren auf dem Bahnhof etwa 60 Personen beschäftigt. Die Länge der verlegten Schienen belief sich 1902 auf fast 89 km, unterbrochen von mehr als 400 Weichen. Allein in Höhe des Dorneburger Mühlenbachs lagen 59 Gleise nebeneinander. 1913 zählte man 230 Personen- und Schnellzüge, 50 Vieh-, Eilgüter-, Obst- und Milchzüge sowie etwa 400 Güter- und Kohlenzüge täglich. In dieser Zeit wurden mehr als 1,3 Millionen Fahrkarten verkauft. Die Zahl der hier umsteigenden Reisenden lag bei mehr als 25 Millionen. (siehe auch Die Stadt der 1000 Züge.)

In dem Brief eines Vaters an seinen ans Realgymnasium Wanne berufenen Sohn Franz, geschrieben in Halle an der Saale am 30. April 1910, heißt es: „Mein lieber Sohn! Sehr erfreut wurden wir heute durch Deinen Brief, worin Du uns Mitteilung machst von der Aussicht, die Du auf Anstellung in Wanne hast... Wir alle wünschen Dir zu diesem Erfolg viel Glück und hoffen, dass es Dir dort in Westfalen gut gefallen wird. Ich bin früher sehr oft durch Wanne gefahren, es ist ein sehr lebhafter Ort im Eisenbahnverkehr, aber viel Rauch und Ruß wirst Du dort zu sehen und zu schlucken bekommen... Mit besonderem Glückwunsch und Gruß Dein Vater A. Gerlach.“

Der neue Bahnhof

Bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts war der Bahnhof Wanne überlastet. Als sich auch noch die Beschwerden über die zunehmende Behinderung des Fußgänger- und Fuhrverkehrs aufgrund geschlossener Schranken an den Bahnübergängen häuften, wurde eine Erhöhung und Untertunnelung der Trassenführung der Köln-Mindener Eisenbahn und ein Bahnhofsneubau beschlossen. Ein detaillierter Bauantrag für Wanne stammt aus dem Jahre 1911. Das Bahnhofsareal wurde mit etwa 1 Million m³ Erdreich um bis zu 5 m angefüllt. Der Neubau konnte am 19. Juni 1913 in Betrieb genommen werden. Das steinerne Empfangsgebäude mit Putzfassade ist ein gutes Beispiel für die sogenannte Reformarchitektur, die sich - in Absetzung von der historisierenden Bauweise des 19. Jahrhunderts - um klares und zweckbetontes Bauen bemühte. Die Presse sprach sogar von einem Meisterwerk der Baukunst. Durch Verfügung der Reichsbahndirektion Essen erhielt der Bahnhof ab 01. Dezember 1926 die Bezeichnung „Wanne-Eickel Hauptbahnhof“. Einige Zahlenangaben verdeutlichen die Schwankungen bei den verkauften Fahrkarten: 1928 waren es etwa 1,6 Millionen, 1935 845.000, 1949 mehr als 1,3 Millionen, 1952 878.000, 1956 1 Million und 1959 938.000. Seine Bedeutung als Eisenbahnknotenpunkt wird in einer amtlichen Beschreibung der Industriegelände in Wanne-Eickel von 1959 deutlich: „Der Hauptbahnhof Wanne-Eickel ist der größte Stückgüterumschlagplatz in der Bundesrepublik mit Anschluss an die europäische West-Ost-Achse von Paris über Berlin nach Warschau.“ Wanne-Eickel hatte bis Mitte der 1960er Jahre auch einen der größten Rangierbahnhöfe Europas. Bis zu 123 Dampflokomotiven sowie ihre Lokführer und Heizer waren im Betriebswerk Wanne-Eickel, das 1897 eröffnet und am 7. April 1981 stillgelegt wurde, beheimatet. Von insgesamt 3500 Eisenbahner-Arbeitsplätzen Anfang der 1980er Jahre waren 1997 gerade noch 300 geblieben.

Europäische Spitze

Die Wanne-Eickeler Zeitung zeichnet am 13. März 1926 ein eindrucksvolles Stimmungsbild von den Wartesälen 1. bis 4. Klasse. Der Leser erfährt, dass der Wartesaal 3. und 4. Klasse einen wenig erfreulichen Eindruck macht: „Wir sehen kräftige, kernige schaffende Menschen, die an nicht gedeckten Tischen hocken. Vollgedrängt ist der Wartesaal mit Frauen, Männern und Kindern. Teils sitzen sie an Tischen, teils umlagern sie den Ausschank. Den großen Raum füllt dichter Qualm, es riecht nach erkaltetem, beißendem Zigarren- und Pfeifenrauch. Auf dem Fußboden liegen schmutzige Papierfetzen, es ist unsauber. Es ist eben nur ein vorübergehender Aufenthaltsort.“ Dagegen ist der Wartesaal 1. und 2. Klasse das „Reich des Herrn Ober. Ein gleich freudigeres Bild, einladender und angenehmer. Mit einem sauberen Handtuch bewaffnet, zu jedermann gleich freundlich, herrscht hier der Ober. An weiß gedeckten Tischen mit schönen Blumen geschmückt sitzen die Wartenden.“ Ein heute kaum noch vorstellbares Problem war im Mai 1927 Gegenstand lebhafter Diskussionen: der fehlende „elektrische Abrufer“. Gemeint ist, dass in den Wartesälen die Züge nicht mehr abgerufen wurden. Die Installation einer Lautsprecheranlage sollte von der Stadt übernommen werden. Wanne-Eickels Bürgermeister Oberdrevermann wies jedoch auf die Zwecklosigkeit eines Antrages auf Übernahme der Kosten von etwa 15–20000 Mark hin. Die Zeitung schrieb: „Wanne-Eickel marschiere mit dieser Einrichtung an der Spitze der deutschen wenn nicht gar europäischen Städte. Ein ganz netter Vorschlag, der gegenüber den elektrischen Tafeln auch seine Nachteile hat.“


Von Rühmanns bis Adler 1835

Am 22. Juni 1993 wurde der Bahnhofsvorplatz in „Heinz-Rühmann-Platz“ umbenannt. Der Vater, Bahnhofsrestaurateur Hermann Rühmann, wird bereits 1906 im Adressbuch für die Ämter Wanne und Eickel erwähnt. Bis 1913 war die Familie Pächter der Gaststätte am alten Bahnhof Wanne. Heinz Rühmann schreibt 1985 in seinem Buch „Das war´s“:

„Sie war eine Goldgrube, wie mein Vater immer wieder erklärte. Allein von den Automaten, die er als einer der ersten zwischen dem Wartesaal der Ersten und Zweiten Klasse und dem für die Dritte und Vierte Klasse aufgestellt hatte, konnten wir leben. Auch muss die Küche meiner Mutter hervorragend gewesen sein, denn es gehörte ‚zum guten Ton‘, Samstagabend oder Sonntagmittag zum Essen zu Rühmanns in die Bahnhofsgaststätte zu gehen.“

Mit Blick auf diese goldene Zeit der Gastronomie strebten auch Karl-Heinz und Anne Richter dieses Ziel an, als sie im Mai 1993 das Restaurant „Adler 1835“ im Wanne-Eickeler Hauptbahnhof eröffneten. Zur wechselvollen Geschichte des Restaurants gehört auch die im Januar 1965 abgeschlossene Renovierung durch eine bundesbahneigene Baukolonne. Macorée-Täfelung und echte Afghan-Teppiche machten aus der Bahnhofsgaststätte ein „Schmuckstück“. Zur Eröffnung schuf Küchenmeister Hübschmann das Wanne-Eickeler Stadtwappen aus farbigem Aspik.

Vgl. Heinz Rühmann und Heinz-Rühmann-Platz

Auf der Durchreise...

König Wilhelm von Preußen fuhr während des deutsch-französischen Krieges am 31. Juli 1870 ohne Aufenthalt durch Wanne. Vierzehn Jahre später, am 24. September 1884, hielt der Sonderzug auf einer Fahrt, vom rheinischen Brühl kommend, umlagert von einer dichten Menschenmenge auf der Nordseite des Wanner Bahnhofs. Der inzwischen zum Deutschen Kaiser Erhobene lehnte sich aus dem Fenster des Salonwagens, während draußen die weltlichen und geistlichen Honoratioren zur Begrüßung angetreten waren. Man dinierte im Zug: 50 Gedecke mit Boullion und Koteletts. Der Bahnhofswirt, Hubert Zengerling, servierte persönlich. In einem Waggon saßen neben Kaiser Wilhelm I. der Kronprinz und der Generalarzt Dr. Leuthold, in einem anderen hielt sich der spätere Kaiser Wilhelm II. auf.

Die Zeit zum Aussteigen reichte nicht, aber die Presse war informiert und konnte berichten, dass der Hofzug am 16. Juni 1911 um 22.27 Uhr mit Maria Fjodorowna (vorher Prinzessin Dagmar von Dänemark), der Witwe von Zar Alexander III. von Russland, den Bahnhof durchfuhr.

Hindenburg auf dem Bahnhof Wanne, 19.09.1925

Etwa 500 Menschen hatten sich auf dem Bahnsteig 3 des Bahnhofes am Nachmittag des 19. September 1925 eingefunden, um Reichspräsident von Hindenburg zuzujubeln. In der Zeitung hieß es dazu: „Jeder hatte Zutritt. Kein böses Wort fiel. Mit etwa 10 Minuten Verspätung lief D 13, Köln-Berlin, an den die Salonwagen des Präsidenten angehängt waren, auf dem Bahnsteig ein. Kurz vor der Halle standen die Wagen. Sekunden nur, dann erschien der Reichspräsident am Fenster. Eigenhändig öffnete er dasselbe. Atemlose Spannung. Dann löste sich dieselbe in spontanen Hoch- und Hurra-Rufen. Gütig nickte der Präsident. Sichtlich ergriffen nahm er die ihm gereichten Blumenspenden in Empfang. Dann drückte er einigen Damen und einem Invaliden leutselig die Hand. Die Minuten sind vorbei. Unter den brausenden Klängen des „Deutschlandliedes“ verließ der Zug langsam die Halle. Das Volk der roten Erde, mit ihm auch wir Wanner, hat seinem Reichspräsidenten zujubeln dürfen.“

Auf der Fahrt von der Trauerfeier für den verstorbenen Bundestagspräsidenten Dr. Ehlers in Oldenburg passierten am 3. November 1954 Bundeskanzler Dr. Adenauer und weitere Mitglieder der Bundesregierung mit einem Sonderzug, der eine Minute Aufenthalt hatte, den Hauptbahnhof.

Mit einem Sonderwagen innerhalb fahrplanmäßiger Verbindung fuhr Königin Friederike von Griechenland am 14. März 1960 abends ohne Halt durch den Wanne-Eickeler Hauptbahnhof. Sie kam mit ihrem Sohn vom großen Festtreffen der europäischen Adelsjugend am Königshof in Stockholm und befand sich auf der Rückreise.

Großer Bahnhof am 27. Mai 1961

„Ich freue mich, dass man in Herne mit der Bundesbahn so zufrieden ist. Aber nun kommen wir nach Wanne-Eickel, der Stadt der tausend Züge, und ich glaube, da wird es lebhafter.“ Das sagte Bundesbahndirektionspräsident Hermann am Samstag, dem 27. Mai 1961, um 11.12 Uhr, kurz bevor der elektrische „Einweihungszug“ Herne verließ und mit dreiminütiger Verspätung gen Wanne-Eickel rollte. Präsident und Landesverkehrsminister Dr. Lauscher wurde in Wanne-Eickel ein überwältigend herzlicher Empfang bereitet, wie er entlang der Köln-Mindener Eisenbahnstrecke zwischen Dortmund und Oberhausen ohne Beispiel blieb. An diesem Festtag brauchte man keine Bahnsteigkarte zu lösen, um durch die Sperre gehen zu dürfen. Die Wanne-Eickeler Presse berichtet ausgiebig von dem festlichen Ereignis: Fähnchen schwenkende Kinder, Filmkameras, das Heitkamp-Orchester in Zimmermannskluft, Rednerpult zwischen roten und lila Rhododendren. Minister Lauscher, Präsident Hermann und Oberstadtdirektor Alfred Hufeld leerten nach den Reden in beachtlichen Zügen ihre Halbliter-Krüge mit dem schäumenden Hülsmann-Bier. Währenddessen verteilten freundliche Damen der DB-Direktion einige Schallplatten mit dem Titel „Fahr lieber mit der Bundesbahn“. Um 11.30 Uhr setzte der erste Elektrische seine Fahrt Richtung Gelsenkirchen fort. Schadenfroh wird der Zeitungsleser noch darüber informiert, wie Wanne-Eickel der Nachbarstadt Gelsenkirchen mit seiner „(Bier-)Schau“ die Show stahl, nachdem Tage zuvor „Spione“ die geheim gehaltenen Programme der Konkurrenz „ausgekundschaftet“ hatten. Und so fiel für die Nachbarn nur ein „trockenes Glückauf für den Zug ab“. Ihr Bier blieb im Keller liegen.

Zierde unserer Stadt: der Bahnhofsvorplatz

In ihrer städtebaulichen und verkehrspolitischen Betrachtung vom 08. März 1926 schreibt die Wanne-Eickeler Zeitung: „Da der Bahnhofsvorplatz in Wanne-Eickel Hauptdurchgangsverkehr mit diagonaler Verkehrsrichtung erhalten muss, erscheint seine gegenwärtige Größe für den wachsenden Verkehrsbedarf der fortschreitenden Verkehrsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung des Automobilverkehrs durchaus unzureichend.“ Die wenige Tage später, am 01. April 1926, gegründete neue Stadt Wanne-Eickel setzte hier in den folgenden eineinhalb Jahren einen für die damalige Zeit wohl bemerkenswerten Akzent. Nach zahlreichen gestalterischen Maßnahmen konnte die Wanne-Eickeler Volkszeitung am 25. August 1927 berichten: „Der Bahnhofsvorplatz ist jetzt eine Zierde unserer Stadt, bewundert und angestaunt von allen Fremden. Auch die Einheimischen, welche dem Ankauf und der Anlage des Platzes skeptisch gegenüberstanden, bekennen jetzt offen und ehrlich, dass sie sich getäuscht haben und sind ebenfalls zufrieden. In zwei bis drei Jahren haben wir den schönsten Bahnhofsvorplatz des westlichen Deutschlands, an den keine Großstadt im Entferntesten heranreichen kann.“ Im März 1960 begannen dann die Neuordnungsmaßnahmen „In der Wanne“. Im ersten Bauabschnitt wurde der Bahnhofsvorplatz umgestaltet, die Poststraße verbreitert und die Straßenbahnlinie zwischen Bahnhof und Rathausstraße verlegt. Zu den Arbeiten des zweiten Bauabschnitts im Bereich der Rathausstraße und Hauptstraße gehörte die Neugestaltung von Buschmannshof und Amtmann-Winter-Straße. Im dritten Bauabschnitt erfolgte die Gestaltung des Bereichs zwischen der Einmündung Poststraße in die Hauptstraße über den Glückaufplatz bis zur heutigen Dürerstraße. Der Gedanke, in diesem Bereich ein Motel zu errichten, „in dem im Erdgeschoss die Kraftwagen geparkt werden und die Gäste im Aufzug sozusagen gleich ins Bett fahren“, wurde nicht realisiert. Fast 40 Jahre später, im Januar 1999, begannen wiederum umfangreiche Bauarbeiten rund um den Wanne-Eickeler Hauptbahnhof. Ein Jahr zuvor hatte die Bahnhofshalle einen Neuanstrich bekommen. Am 19. Juni 1998 konnte mit finanzieller Unterstützung der Internationalen Bauausstellung Emscher Park im Hauptbahnhof die Radstation eröffnet und zeitgleich die erneute Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes in Angriff genommen werden. Zum 150. Geburtstag der Köln-Mindener Eisenbahn wurde am 8. und 9. Mai 1999 „in vollen Zügen“ gefeiert.

Herne Hbf anstatt Wanne-Eickel Hbf?

Für „Herne Hbf“ gibt VRR nur fünf Wochen Bedenkzeit. So titelte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) vom 25. September 2003. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr plante, im Verbundgebiet 70 Bahnhofsnamen zu ändern. Der Stationsname „Wanne-Eickel Hbf“ sollte zukünftig durch „Herne Hbf“ ersetzt werden. Als Alternative wurde noch die Bezeichnung „Herne-Wanne Hbf“ ins Spiel gebracht. Im Jahr 2008 gab es Planungen im nordrhein-westfälischem Verkehrsministerium, den Namen in „Herne-Wanne/Eickel“ umzubenennen. Ziel war es, eine einheitliche Bezeichnung einzuführen. Entsprechend sollte der Bahnhof Herne „Herne - Herne Mitte" und der Börniger Bahnhof „Herne Börnig“ heißen, so die WAZ vom 31. Januar 2008. Beide Angriffe auf ein Stück Wanne-Eickeler Identität konnten abgewehrt werden.

2024 ist es wieder soweit, die Deutsche Bahn will den Wanne-Eickler Hbf umbenennen. Herne-Wanne Hbf soll er dann heißen. Noch ist nicht alles verloren.


Endstation Sehnsucht

So schrieb die WAZ vom 30. Juli 2010 und berichtete über eine mit Millionenaufwand betriebene Modernisierung, um dann weiter auszuführen, dass der Wanne-Eickeler Hauptbahnhof dadurch nicht schöner wird. In gleicher Kerbe schlug ein Artikel der WAZ vom 24. August 2014. „Der Hauptbahnhof Wanne-Eickel gibt ein trostloses Bild ab“, heißt es dort. Ein Schicksal, das die Station mit dem Bahnhof Herne teilt. Die goldenden Zeiten sind längst vorbei… [2]

Digitale Pläne

Wanne-Eickel Hauptbahnhof - Dokumente


Wolfgang Berke

Hauptbahnhof Wanne-Eickel

Jottweedee (janz weit draußen)

Reisender! Stell dir vor, du kommst in eine fremde Stadt. Du trittst aus dem Bahnhofsgebäude und sieht – erst mal nichts. Oder sagen wir mal: fast nichts. Jedenfalls nichts, was dich an eine Innenstadt erinnern würde. Du sagst, so etwas gibt es nicht in Deutschland? – Doch! In Wanne-Eickel.

In der Tat dürfte Wanne-Eickel so ziemlich die einzige Stadt in unserem Lande sein, bei der man erst mal eine Teilstrecke mit Bus oder Bahn fahren muss, um vom Hauptbahnhof in die Innenstadt zu kommen. Wer aus dem Bahnhofsportal tritt, erblickt in Wanne-Eickel zunächst rechter Hand einen Rundbunker. Dahinter ahnt man einige Gewerbebauten, vis-a-vis hat sich in sicherem Abstand Wohnbebauung angesiedelt. Und halblinks duckt sich die Post hinter grünem Baum- und Buschwerk.

Wer in die Innenstadt will, muss sich links halten. Aber das verraten die Wanne-Eickeler den Reisenden nicht. Also nehmen sich manche Neuankömmlinge in ihrer Verzweifelung ein Taxi. Freuen sich nach fünf Minuten über die kurze Fahrt und ärgern sich über den hohen Fahrpreis. Wer kein Taxi nimmt und auch nicht in einen Bus oder die Straßenbahn klettert, fragt einen Einheimischen und geht dann den Weg durch die Grünanlagen, der jahrzehntelang so ziemlich jede Postkarte von Wanne-Eickel zierte. Tagsüber ist der halbe Kilometer durch die Botanik ja vielleicht noch o.k., nachts wird der Spaziergang bis zur Hauptstraße vor allem für ängstliche Gemüter zum echten Abenteuer.

Warum der Hauptbahnhof mehr als ein halber Kilometer weit draußen liegt, wissen wohl nur die Götter der Bahn. Schließlich stand er nicht immer dort. Früher war der Bahnhof da, wo die Action war. Mitten in der City, wie es sich für einen ordentlichen Hauptbahnhof gehört. Wobei, genau genommen, nicht der Bahnhof in die City gesetzt wurde, sondern sich die City um den Bahnhof herum entwickelte, den die Köln-Mindener Eisenbahn 1872 nahe dem Bahnanschluss der Zeche Pluto in die Wildnis setzte.

Da sich die Gemeinden der späteren Stadt Wanne-Eickel sowieso gerade entschlossen hatten, wie irre zu wachsen und wild in die Landschaft zu wuchern, stand der Bahnhof bald mitten im urbanen Geschehen. Die Bahn ließ sich nicht lumpen und wuchs ebenso hemmungslos in die Länge und Breite, so dass sich Straßen und Schienen, Häuser und Bahnanlagen schon nach wenigen Jahren heftig in die Quere kamen.

Da sich alles ebenerdig abspielte, war auf der Bahnhofstraße, der heutigen Hauptstraße, bald kein Durchkommen mehr, die Schranken waren wegen des regen Zugverkehrs ständig geschlossen. Dieses Problem ließ sich durch Anhebung der Gleise und Absenkung der Straße lösen. Die Unterführungen, wie wir sie heute kennen, wurden gebaut. Und weil es der Bahn direkt an der Bahnhofstraße zu eng wurde, kam der neue Bahnhof 1913 wieder in die Wildnis, mehr als 600 Meter nordöstlich der alten Station. Wanne-Eickel-City weigerte sich aber hartnäckig, dem Bahnhof hinterher zu ziehen. Also wurden die störenden Reste der Wildnis, etwa der alte Buschmanns Hof, entfernt und feine Grünanlagen angelegt. Die allerdings als Parkanlage nicht taugten und eigentlich nur dem Zweck dienen, dem Wandersmann (pardon: dem Bahnreisenden) den Weg zum Hbf. etwas angenehmer zu gestalten. Was man fast auf jeder Postkarte sehen kann. Und was alle fremden Reisenden zu Recht als etwas gewöhnungsbedürftig empfinden.


Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors [3]
Der Text wurde für das Wiki redaktionell bearbeitet. Er stammt aus dem Jahr 2005

Lesen Sie auch

Einzelnachweise

  1. Herner Anzeiger vom 4. Februar 1927. Online auf zeitpunkt.nrw
  2. Stadtarchiv Herne: Dokumentationsbibliothek: Sammlung Wanne-Eickel Hauptbahnhof Foto- und Postkartensammlung
  3. Aus: Das Buch zur Stadt Wanne-Eickel 2 Noch mehr Mythen, Kult, Rekorde: Die Zeitreise geht weiter, Seiten 110 - 112

Wanne-Eickel Hauptbahnhof