Hof Wiesmann

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Hof Wiesmann
WAZ am 11. April 1953
Stadtbezirk: Herne-Mitte
Ortsteil: Herne
Kartengitter: h5
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Letzte Änderung: 17.02.2023
Geändert von: Andreas Janik

Der Hof Wiesmann lag in der Flur 4 genannt Altenhöfen direkt an der Landchaussee nach Bochum der heutigen Wiescherstraße (Haus Nr. 15). Mit den benachbarten Bauern Koppenberg und Breilmann und der gegenüber in der Flur II genannt Sodingen liegenden Hof Sehrbruch zuzüglich diverser Kotten, stellten sie eine fast eigenständige Bauernschaft dar. Wiesmann war mit Abstand der größte Hof.

Die Hausnummer war im Jahre 1874 "Herne 412".

Von Altersherr den Strünkede unterstellt, wurde es 1751 [1] verkauft. Im Hypothekenbuch sind die Änderungen (Direktlink zum Digitalisat) gut abzulesen. Ersteigt wurde es von einem Prediger Hasselkus.[2] Am 15. Juli 1767 kaufte es dann der Aufsitzer Diedrich Wiesmann.

Nachdem die angedachte Einrichtung eines bäuerlichen Heimatmuseums in den Gebäuden nicht zustande kam, ruinierte der 2. Weltkrieg das Haus zum einen durch einen Treffer direkt vor dem Hause und zum anderen durch das Umnutzen und Ausschlachten durch fremden Personen.

Auch der Erwerb des Hofes durch die Stadt Herne in den 1930ern konnte nicht verhindern, dass im April 1953 das Areal leergeräumt wurde.

Ein Stück Geschichte erlebt

Es sah Hernes Stadtwerdung
Hernes ältestes Bauernhaus als heimatkundliches Dokument

Trotz der stark vortgeschrittenen Industrialisierung unserer Heimatstadt hat sich noch eine stattliche anzahl Bauernhöfe bei uns erhalten. Sie ragen als Zeugen der rein bäuerlichen Vergangenheit Hernes in die Gegenwart, als wollten sie uns daran erinnern, daß es trotz höchster Technisierung nicht ohne Bauern geht.

Die Bauernhäuser unserer Stadt reichen bezüglich ihres Alters nicht über das 18. Jahrhundert hinaus, wenn auch die Bauerngeschlechter schon viele Jahrhunderte dort auf der Scholle wohnen. Die meisten Herner Bauerngeschlechter lassen sich dem Namen nach bis in das 15. Jahrhundert hinein nachweisen. Im 18. Jahrhundert erneuerten sämtliche Herner Bauern ihre Häuser. Ohne Zweifel wurden die neuen Häuser größer und "moderner" gebaut. Daran ist kein Zweifel, wie uns das aussehen und der Grundriß derselben beweist. Entgegen der jahrundertealten Gespflogenheit, nur einstöckige Häuser zu bauen, wurde im 18. Jahrhundert meist zweistöckige gebaut. Allerdings in dem Sinne, daß nur über dem bisherigen Wohnteil ein weiteres, wenn auch niederes Stockwerk eingebaut wurde. Seit alter Zeit reichte der Boden von einer Giebelspitze zur anderen, ohne daß über dem Wohnteil der Boden höher lag. Freilich ist der durchgehende Boden auch heute noch an den Herner Bauernhäusern vorhanden. In diesem Falle hat man die Mauern der Seitenwände höher gezogen, damit nach oben hin noch Platz für das zweite niedrige Stockwerk blieb.

So ungefähr sieht es auch in dem ältesten noch stehenden Bauernhaus von Herne aus, dem Hof Wiesmann. das Bauerngeschlecht der Wiesmanns wurde schon 1496 genannt. Das jetzt noch stehende Haus wurde im Jahre 1706 errichtet, es ist somit ungefähr 234 Jahre alt. Breit gelagert ruht das Dach auf den vier ständerreihen. Breit, lang und wuchtig steht das haus da, bereit, noch Jahrhunderte zu überdauern. Es ist eins der hervorragendsten bauernhäuser überhaupt und muß unter allen Umständen der Nachwelt erhalten bleiben! Einmal wird die Frage an uns herantreten, welches bauernhaus denn für immer erhalten bleiben soll und dann kann die Antwort nur lauten, daß hiefür der Hof wiesmann in Frage kommt, Glücklicherweise ist diese Frage noch nicht brennend, aber man kann einmal daran denken. [3]

Der "Wiesmannsche Hof" wird jetzt eingeebnet

Man kann sich noch gut erinnern. So sah einst der schöne „Wiesmannsche Hof" an der Ringstraße aus. Heute ist es ein Trümmerhaufen, der bald ganz der Spitzhacke zum Opfer fällt.
Das Haus ist verfallen - In der Küche wächst Kohl - Es ist schon lange her

Wenn man über die neue Ringstraße geht, die von der Bergstraße bis zur Wiescherstraße schon fertiggestellt ist und zum Hofe Koppenberg herüberblickt, liegt dort zwischen einigen Pappeln ein Gemäuer, wo - mancher Herner erinnert sich schon gar nicht mehr daran - bis zum Kriegsende der Wiesmannshof stand. Selbst diese "historischen Fundamente" werden nur noch kurze Zeit zu sehen sein. Die Stadt wird das Grundstück einebnen lassen und dem Landwirt Koppenberg als Ersatz für seine Aecker geben, die ihm durch den geplanten Grünring verlorengehen.

Der Wiesmannsche Hof war nicht nur der älteste auf Herner Boden, als er noch stand; er unterscheidet sich von den anderen bäuerlichen Anwesen auch durch sein merkwürdiges Ende. Vielfach wird angenommen, er sei durch eine Bombe zerstört worden. Zwar fiel er dem Krieg zum Opfer, doch hatte eine Bombe nur teilweise schuld daran. Die großen Gebäude des Hofes wurden einfach nach und nach abgetragen — von denen, die die Bestandteile gebrauchen konnten. Im Jahre 1943 ging eine Bombe in der Nähe nieder, die das Gehöft teilweise beschädigte. Und wie es bei alten Gebäuden ist — die Schäden waren nicht mehr aufzuhalten. Wer ein paar hundert Ziegel brauchte, besorgte sie sich dort, ebenso wurden Balken und alles Holz fortgeschleppt. Nicht etwa auf einmal; nach und nach fielen die Gebäude zusammen, bis auf den Ziegelmauern nur ein Lehmhäufchen übrigblieb. 1946 kam die große Zeit der Schrebergärten, und nicht nur rings um den ehemaligen Hof herum wurde Gemüse angebaut, sondern auch in den Stallungen und Zimmern selber. Noch heute stehen im ehemaligen Schweinestall Erdbeerpflanzen und in der ehemaligen großen Bauernküche Kohlstrünke.

Das ist ein unrühmliches Ende für einen so großen Hof, der, wie auf dem mächtigen Schmuckbalken über der Tür stand, 1706 erbaut wurde. Seitdem wurde er ständig von den Wiesmanns bewirtschaftet, die zuerst Leibeigene der Herren von Strünkede, dann freie Bauern waren. Vor ungefähr zwanzig Jahren ging das Anwesen in das Eigentum der Stadt Herne über. Dieser „Wiesmannsche Hof" war nicht der ursprüngliche; zum ersten Male wird ein Hof solchen Namens im Märkischen Schatzbuch erwähnt, und zwar — in Sachen Steuern! Sechs Gulden waren es 1486, der damalige Höchstsatz. Das beweist die außerordentliche Wohlhabenheit dieses Hofes zu der Zeit. — Wenn er heute noch stände, würde er wohl weit mehr zahlen müssen, obgleich er bei weitem nicht mehr so groß wäre. [4]

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Quellen

Stadtarchiv Herne Dokumentensammlung: Bauernhöfe und Kotten in Herne

  1. Vgl.: Mai 1751 in Duisburger Intelligenz Zettel 1751
  2. Vermutlich: Johannes Hasselkus (* 30. Dezember 1709 in Lennep/Rheinland, Pfarrer in Do-Barop, † 28. April 1792 Dortmund. Quelle: http://www.kirche-do-suedwest.de/cms/index.php/kontakt/179-pfarrer-in-barop
  3. Herner Nachrichten vom 28. November 1939
  4. Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 11. April 1953